Schlechtes Gewissen (German Edition) by Michel Quint

Schlechtes Gewissen (German Edition) by Michel Quint

Autor:Michel Quint [Quint, Michel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9781503952294
veröffentlicht: 2015-11-18T16:00:00+00:00


KAPITEL 17

Samstag, der 16. August, 20 Uhr – Aix-en-Provence

Eine Ansammlung von Transistoren, aufgeschlitzt von einem neugierigen Kind. Mit hundert multipliziert: So in etwa sah die Telefonzentrale aus. Techniker und Ingenieure bemühten sich, wieder zu verbinden, was möglich war, damit Notrufe weitergeleitet werden konnten. Sie arbeiteten mit Abisolierzange und Feldtelefon in allen nicht wackelnden Ecken des neuen Gebäudes. Ehemals neu.

Niemand schenkte Imbert und Mercurey Beachtung. Es sei jetzt nicht der Augenblick, niedere polizeiliche Arbeiten durchzuführen. Das verkündete ihnen ein Elektroniker ganz unverblümt.

Während Imbert darauf bestand, Namen aufschrieb, drohte, trieb Mercurey schließlich eine völlig verschreckte junge Frau auf, die zur Zeit des Erdbebens bei der Auskunft Dienst gehabt hatte. Seitdem war sie dort geblieben, irrte weinend ziellos umher. Sie wagte es nicht, nach Hause zu gehen, aus Angst niemanden mehr vorzufinden, weder ihre Tochter noch ihren Mann. Sie schien für immer in diesen Räumen herumspuken zu wollen. Imbert fragte sich im Übrigen, ob sie mit ihren großen schwarzen Augen und der durchsichtigen Haut nicht der Geist einer geschundenen Telefonistin war, den die Katastrophe geweckt hatte.

Schließlich sagte sie ihnen, dass die Nummer zu einer Telefonzelle in Aix gehöre. Dann sackte das Gespenst wieder in Tränen über seinen Unterlagen zusammen.

Mercurey entwickelte einen Plan. Die Telefonzelle befand sich nicht einmal zweihundert Meter von dem Haus entfernt, in dem Melissa wohnte.

»Ins Schwarze getroffen«, räumte er ein.

Imbert und Mercurey hatten weder Schwierigkeiten, die Résidence des Platanes zu finden, noch das Appartement C4. Dort hineinzukommen erforderte von ihnen schon mehr Geschicklichkeit, denn sie mussten durch eine weit offen stehende Nachbarwohnung gehen und über den wackeligen Balkon klettern. Imbert knurrte: Der Tag war fast zu Ende und sie kamen kaum voran. Es schien ihm, als würde er in einem Labyrinth einen Faden in der Hand halten, der an jeder Abzweigung riss.

Er hörte damit auf, vor den blutleeren Leichen vor sich hin zu schimpfen.

Die Rothaarige war hübsch gewesen, das wusste er, und der Typ stinkreich. Imbert war davon ergriffen wie von einem Justizirrtum.

Mercurey spürte ihre Gegenwart wie einen ständigen Vorwurf, während sie die Wohnung durchsuchten.

Die Aufgabe gestaltete sich nicht einfach: Sie fanden mehr Steine, die umgedreht werden mussten, als Schubladen, die sie leeren konnten. Außerdem schwand das Licht schnell.

»Verdammte Scheiße! Wie willst du darin Indizien finden? Der Unterschied zwischen Gips und Stoff ist minimal: Kommt gar nicht infrage, dass ich die Trümmer Stück für Stück ablutsche, um den Schnee zu finden. Such lieber Papiere«, wies Imbert Mercurey an.

Mercurey, der sich nicht wohlfühlte, schwitzte in seiner kurzen Lederjacke reichlich. Ausnahmsweise war Imbert nicht der Einzige, der ab neun Uhr morgens vor Schweiß triefte und nach Dortmunder Union-Bier roch. Damit würde er locker auf fünfundneunzig Kilo runterkommen. Auf das Gewicht eines jungen Mannes! Während er daran dachte, lachte er sich halb tot, und Mercurey bekam davon Schüttelfrost.

Eine knappe Stunde Durchsuchung. Und sie fanden nichts. Außer Schlüssel, von denen sie nicht wussten, was sie öffneten, Geld, Kleidung und Reizwäsche in Massen. Eine Taschenlampe, die ihnen sehr half. Sie fanden weder Bücher noch Papiere, nur einige ›Fachzeitschriften‹.

Imbert blätterte sie sorgfältig durch und schob eine sogar in seine Tasche.



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